AWS (fast) kostenlos benutzen? Free Tier als Prüfungshilfe

Veröffentlicht am Freitag, 30. Mai 2025
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Hier ist eine Beispielfrage, wie sie auch in einer Prüfung für eine AWS-Zertifizierung auftauchen könnte.

Ein Entwickler startet eine t2.micro EC2-Instanz in einem neuen AWS-Account und lässt diese für exakt 30 Sekunden laufen, um sie dann sofort zu terminieren. In diesem Account werden keine weiteren EC2-Instanzen mehr gestartet. Vorausgesetzt, dass die normalen Preise Anwendung finden, welche Dauer wird für die Laufzeit der Instanz am Ende des Monats abgerechnet?

A) 30 Sekunden
B) 1 Minute
C) 5 Minuten
D) 0 Minuten

Wenn du die Antwort zu dieser Frage wissen willst, dann lies diesen Blogpost. Am Ende enthülle ich die richtige Lösung und zeige dir, warum sie etwas unintuitiv ist.

Die Erkenntnis aus meiner ersten Prüfung

Als ich vor ein paar Wochen nach meiner AWS Certified Solution Architect - Associate Prüfung aus dem Testcenter kam, war ich erleichtert, aber auch nachdenklich. Während der Vorbereitung hatte ich einen wichtigen Fehler gemacht, den viele andere auch machen: Ich dachte, theoretisches Wissen allein würde ausreichen.

Spoiler: Tut es nicht. Es war dann für mich auch reichlich knapp, weil ich mit 763 Punkten bestanden habe, wie ich am Ende des Tages erfahren sollte. Das heißt also, dass zwischen Bestehen und Nichtbestehen gerade mal zwei Fragen dazwischen lagen. Wenn ich mir das so vor Augen führe, klingt das gar nicht mal so positiv. Aber ich habe bestanden und deswegen interessiert mich die Punktezahl erstmal nicht mehr 😉

Jetzt, wo ich mich auf die AWS Certified Developer Associate Prüfung vorbereite ( Teil meiner Mission, alle 12 AWS-Zertifizierungen zu schaffen ), mache ich es anders. Und der Schlüssel dazu ist etwas, was viele übersehen: das AWS Free Tier.

Warum reine Theorie bei AWS-Zertifizierungen blöd ist

Stell dir vor, du lernst Autofahren nur aus dem Theoriehandbuch. Du kennst alle Verkehrsregeln, weißt wie der Motor funktioniert und kannst jedes Verkehrsschild identifizieren. Aber würdest du dich trauen, direkt auf die Autobahn zu fahren? Vermutlich nicht.

Genau so verhält es sich mit AWS-Services. Die Cloud-Landschaft ist komplex mit über 200 verschiedenen Services, unzähligen Konfigurationsoptionen und verschiedenen Preismodellen. Du kannst dir hunderte Stunden YouTube-Videos oder Kurse reinziehen, aber wenn du noch nie eine EC2-Instanz gestartet oder eine S3-Bucket-Policy konfiguriert hast, stehst du in der Prüfung ziemlich dumm da. Man merkt es auch in der Vorbereitung sehr deutlich: Klar weiß man irgendwo, welche Instanztypen es gibt, dass man EFS-Volumes einhängen kann usw. Aber wo sich das alles in der AWS-Konsole wiederfindet, war für mich zunächst gar nicht so leicht herauszufinden. Damit würde ich für echte Projekte deutlich weniger Mehrwert für die Kunden bringen.

Bei meiner Solutions Architect Prüfung merkte ich das besonders bei den praktischen Szenarien. Fragen wie "Welche Security Group-Einstellung würdest du wählen, um..." sind deutlich einfacher zu beantworten, wenn du schon mal Security Groups in der Konsole konfiguriert hast.

Das Kostenproblem

Hier kommt das Problem: Viele trauen sich nicht an praktische Experimente ran, weil sie Angst vor hohen AWS-Kosten haben. Und ehrlich gesagt ist die Angst berechtigt. Ich kenne Geschichten von Entwicklern, die versehentlich hunderte Euro für vergessene Infrastruktur bezahlt haben, weil sie sich nicht gut genug mit der Kostenstruktur von AWS beschäftigt haben. Wie ein früherer Projektleiter zu sagen pflegte: “Ich will erst mal was flimmern haben”. Damit meinte er, schnell Ergebnisse auf dem Bildschirm zu haben, Aufräumarbeit ist dort nebenrangig gewesen.

Aber hier kommt die gute Nachricht: Das AWS Free Tier macht praktisches Lernen möglich, ohne dass du pleite gehst.

Das AWS Free Tier als dein kostenloser Cloud-Sandkasten

Das AWS Free Tier ist nicht nur ein nettes Marketing-Gimmick. Es ist ein vollwertiges Lernlabor, das drei verschiedene Arten von kostenlosen Angeboten bietet. Im Gegensatz zu Angeboten wie der TutorialsDojo PlayCloud kannst du auch komplexere Anwendungsfälle ausprobieren. AWS Organizations ist damit zum Beispiel nicht möglich. Der Vorteil bei PlayCloud ist allerdings, dass du dich nicht selbst um die Aufräumarbeit kümmern musst, von daher ist dieser Ansatz trotzdem wertvoll. Mit dem Free Tier hast du auch alles selbst in der Hand und bist nicht von den Service Control Policies abhängig, die dir auferlegt werden. Optional kannst du dann immer noch kostenpflichtige Services verwenden. Diese Möglichkeiten hast du, um ohne Geldeinsatz AWS auszuprobieren:

Always Free Services

Diese bleiben dauerhaft kostenlos, solange du die Limits nicht überschreitest:

  • AWS Lambda: 1 Million kostenlose Requests pro Monat, perfekt für Serverless-Experimente
  • DynamoDB: 25 GB Speicher, reicht für viele Lernprojekte
  • SNS/SQS: Jeweils 1 Million Requests, ideal für Event-driven Architectures
  • CloudFront: 1 TB ausgehender Traffic pro Monat
  • Cognito: 10.000 aktive Nutzer pro Monat

… und noch viele mehr, schau dir einfach diese Übersicht an.

12 Monate kostenlos

Nach der Kontoanmeldung bekommst du ein Jahr lang:

  • EC2: 750 Stunden t2.micro/t3.micro pro Monat (das wäre eine Instanz, die durchgängig jeden Tag läuft)
  • RDS: 750 Stunden db.t3.micro Datenbankinstanzen
  • S3: 5 GB Standard-Speicher mit 20.000 GET und 2.000 PUT Requests
  • API Gateway: 1 Million API Requests pro Monat

Schau dir diese Übersicht für alle Services an, die du das erste Jahr über kostenlos nutzen kannst.

Kurzzeitige Testversionen

Für speziellere Services gibt's zeitlich begrenzte kostenlose Nutzungsmöglichkeiten .

Die Eingangsfrage

Wie versprochen, gibt es hier noch einmal die Frage vom Anfang des Posts.

Ein Entwickler startet eine t2.micro EC2-Instanz in einem neuen AWS-Account und lässt diese für exakt 30 Sekunden laufen, um sie dann sofort zu terminieren. In diesem Account werden keine weiteren EC2-Instanzen mehr gestartet. Vorausgesetzt, dass die normalen Preise Anwendung finden, welche Dauer wird für die Laufzeit der Instanz am Ende des Monats abgerechnet?

A) 30 Sekunden
B) 1 Minute
C) 5 Minuten
D) 0 Minuten

Die richtige Antwort ist… 🥁🥁🥁

D) - 0 Minuten!

Ich bin mit dieser Frage schon oft auf die Nase gefallen, weil ich entweder dachte, dass minutengenau oder sogar sekundengenau abgerechnet wird. Schau dir die Frage noch einmal an, dann entdeckst du einen wichtigen Hinweis.

Ein Entwickler startet eine t2.micro EC2-Instanz in einem neuen AWS-Account und lässt diese für exakt 30 Sekunden laufen

Und genau da liegt die Nuance, die in der Prüfung abgefragt wird. Die Aussage, dass der Account neu ist und dass es sich um eine t2.micro-Instanz handelt, ist am Ende das, was für die Beantwortung wichtig ist. Würde es sich hier um eine t2.small-Instanz handeln (oder irgendeine beliebige, die nicht im Free Tier enthalten ist), dann würde die Antwort B) 1 Minute sein. Es wird immer mindestens eine Minute abgerechnet, aber dafür sekundengenau. Habe ich die Instanz zum Beispiel 1:01 min laufen, werden also 61 Sekunden abgerechnet.

Mein strategischer Lernplan mit dem Free Tier

Für meine Developer Associate-Vorbereitung nutze ich das Free Tier sehr intensiv. Hier ist mein Ansatz:

Phase 1: Die Basics festigen

Ich starte mit den Grundlagen: EC2, S3, VPC. Mein erstes Projekt war eine simple Web-App (z.B. auf Basis von React oder VueJS) auf einer t2.micro Instance, die statische Files aus einem S3-Bucket serviert. Klingt langweilig? Ist es nicht. Du lernst dabei:

  • Wie Security Groups wirklich funktionieren
  • S3-Bucket-Policies (ohne die läuft nix)
  • Netzwerk-Grundlagen in der Cloud
  • Optional: Ausliefern der Assets per CloudFront

Phase 2: Datenbanken dazunehmen

Dann erweitere ich um RDS. MySQL oder PostgreSQL ist egal, Hauptsache du verstehst das Prinzip. Wichtige Lernpunkte:

  • Datenbankinstanz-Konfiguration (nicht so trivial wie gedacht)
  • Backup/Restore-Strategien
  • CloudWatch Monitoring (unverzichtbar für die Prüfung)

Phase 3: Serverless wird spannend

Hier wird's interessant für die Developer Associate: Lambda, API Gateway, DynamoDB. Diese Combo ist nicht nur kosteneffizient, sondern auch DAS Thema in der Prüfung. In der Solution Architect-Prüfung ist eher der Fokus auf klassische Serverarchitekturen, hier ist Serverless mega wichtig.

  • Event-driven Architectures verstehen, Nachrichten per SQS/SNS herumschicken
  • RESTful APIs bauen
  • NoSQL-Konzepte praktisch anwenden

Konkrete Projekte, die sich lohnen

Projekt 1: Serverless Blog-API

Bau eine RESTful API für einen Blog mit Lambda, API Gateway und DynamoDB. Das deckt massenhaft Prüfungsthemen ab:

  • Lambda-Funktionen für CRUD-Operationen
  • API Gateway richtig konfigurieren
  • DynamoDB-Queries, Scans und Indexes
  • IAM-Rollen und Policies

Projekt 2: CI/CD-Pipeline

Für die Developer Associate unverzichtbar: CodeCommit, CodeBuild, CodeDeploy. Im Free Tier großzügig abgedeckt:

  • Git-Repos in der Cloud
  • Automatisierte Builds
  • Deployment-Strategien

Wichtige Anmerkung: CodeCommit ist nicht mehr für Neukunden verfügbar . Du kannst dir diese CI/CD-Pipeline aber trotzdem zusammenstellen, der Code muss dann aber auf GitHub oder Gitlab rumliegen.

Projekt 3: Monitoring-Setup

CloudWatch, X-Ray, SNS für Alerting. Klingt trocken, ist aber Gold wert:

  • Application Performance Monitoring
  • Distributed Tracing verstehen
  • Alerting-Strategien

Bonuspunkte: Um die Resourcen später wieder sauber abzuräumen, kann CloudFormation als auch CDK verwendet werden. Da in der Prüfung auf einige Feinheiten von CloudFormation (JSON oder YAML ist egal) Wert gelegt wird, lohnt es sich für dich, diese Templates mal komplett von Hand zu schreiben. Vor allem die Pseudofunktionen müssen fest verankert im Kopf sein. Und CloudFormation kostet nicht mal etwas, das ist also eine Win-Win-Situation.

Kostenfallen vermeiden

Auch im Free Tier solltest du aufpassen:

Billing Alarms einrichten: Erste Regel. CloudWatch Billing Alarm bei 1€ gibt dir genug Zeit zum Reagieren. Am besten mehrere Alarme, wenn der erste Euro überschritten wurde und dann noch ein Fallback, z.B. bei 5€. AWS Billing blockiert keine Services, wenn du die Grenze überschreiten solltest.

Resourcen taggen: Nicht nur für Kosten wichtig, sondern auch Prüfungsthema. Mach's dir zur Gewohnheit. Dadurch kannst du im Cost Explorer auch besser nachvollziehen, wo Kosten entstehen können.

Regelmäßig aufräumen: Vergessene EC2-Instanzen oder RDS-Datenbanken können teuer werden. VPC ist zwar kostenlos, aber Infrastruktur wie NAT-Gateways können kosten erzeugen. Wöchentlich checken.

AWS Budgets nutzen: Kostenlose Budgets für verschiedene Service-Kategorien erstellen.

Warum das für meine Developer Associate Vorbereitung goldwert ist

Gerade für die Developer Associate sind praktische Kenntnisse entscheidend. Services wie X-Ray für Application Tracing, Elastic Beanstalk für schnelle Deployments und Parameter Store für Configuration Management lernst du nur richtig durch Ausprobieren. YouTube-Videos helfen, aber hands-on experience ist unersetzlich.

Realitätscheck: Was du beachten solltest

Nicht überkomplizieren: Fang klein an. Der Versuch, sofort eine Microservices-Architektur zu bauen, endet meist im Chaos. Du kannst mit einem Monolithen starten und diesen dann modularisieren.

Community nutzen: AWS User Groups, Reddit r/AWSCertifications , Slack-Channels. Isolation bremst dich aus.

Dokumentieren: Schreib auf, was du und vor allem, wie du es machst. Das hilft beim Lernen und erhöht die Nachvollziehbarkeit. Bonustipp: Benutze die Feynman-Methode . Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es noch nicht gut genug verstanden.

Mein Fahrplan für die nächste Zeit

Während ich mich auf die Developer Associate-Prüfung vorbereite, nutze ich das Free Tier für:

  • CodePipeline/CodeBuild/CodeDeploy: Vollständige CI/CD-Pipeline bauen
  • Lambda + API Gateway: Verschiedene Integrationen ausprobieren
  • DynamoDB: Erweiterte Queries und Indizes verstehen
  • X-Ray: Tracing in komplexeren Anwendungen

Parallel dokumentiere ich einiges hier im Blog. Das hilft nicht nur mir beim Lernen, sondern hoffentlich auch anderen, die den gleichen Weg gehen.

Fazit: Fang heute an

Das AWS Free Tier ist dein Ticket zu praktischen AWS-Kenntnissen, ohne finanzielles Risiko. Ja, es braucht Zeit und Disziplin. Aber wenn du wie ich alle AWS-Zertifizierungen schaffen willst, führt kein Weg an praktischer Erfahrung vorbei.

Mein Tipp: Erstell heute ein AWS-Konto, richte Billing Alarms ein und starte eine t2.micro EC2-Instanz. Einfach mal machen. Die erste Hürde ist oft die größte.

In ein paar Wochen berichte ich, wie die Developer Associate Prüfung gelaufen ist und welche Free Tier-Projekte am meisten geholfen haben. Bis dahin: Happy Hacking!


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